Es hätte nicht schöner sein können! Über 10.000 Besucher kamen dank besten Spätsommerwetters am zweiten Septemberwochenende in das oberbayerische Dorf Bernbeuren, das in der Nähe der Königsschlösser gelegen ist. Gut 200 Teilnehmer aus sieben Nationen waren am Start, sogar aus den USA und Japan waren Fahrer angereist, die sich das Spektakel in der malerischen Kulisse und der außergewöhnlich schönen Strecke auf den Auerberg nicht entgehen lassen wollten. Rund 20 historische Rennautos folgten zudem der Einladung des Veranstalters an den Schwäbischen Rigi, die in den beiden Mittagspausen Demonstrationsfahrten zeigten.
Die Qualität und der Seltenheitswert der teilnehmenden Fahrzeuge – speziell in der Vorkriegsklasse 1 bis Baujahr 1939 – war beeindruckend, wie beispielsweise der Motorrad-Journalist und Kurator des „Concorso e Mostra di Motociclette“ bei der Villa d´Este am Comer See betonte: „niemals zuvor in Deutschland so ein hochkarätiges Starterfeld an Vorkriegs-Motorrädern gesehen zu haben“, angeführt vom amerikanischen Motorrad-Historiker Paul d´Orléans aus San Francisco auf einer Sunbeam Crocodile 500 OHC von 1925 mit der Startnummer 1. Weitere originale Rennmaschinen, die teilweise bereits in den 30er Jahren bei der Isle of Man Tourist Trophy fuhren, waren am Auerberg aktiv zu erleben. Darüber hinaus fuhr Helmut Dähne, ewiger Streckenrekordhalter der Nürburgring-Nordschleife mit seiner R 90 S, mit der er schon in den siebziger Jahren bei der TT fuhr, oder die BMW R 57 Kompressor, die letztes Jahr im englischen Goodwood Revival mit Herbert Schwab und Troy Corser im Sattel eindrucksvoll gewann.
Rund um den Marktplatz Bernbeurens spielte sich auch Einiges ab. Neben den Essens- und Getränkeständen der integrierten lokalen Vereine gab es musikalische Darbietungen der extra angereisten Jazz- und Swingkapelle der kroatischen Partnergemeinde Vižinada, Akustik-Konzerte dreier ortsansässigen Damen „de Tschiggas“, einen Malwettbewerb für Kinder und eine Fahrzeug-Ausstellung im Innenhof eines ehemaligen Bauernhofes. Seltenste Original-Fahrzeuge des Deutschen Zweirad- und NSU-Museums Neckarsulm, des Motor-Sport-Museum Hockenheimring sowie privater Sammler wurden den Besuchern präsentiert und fanden große Begeisterung.
Zudem fanden sich ein Dutzend Ducati und NCR Werks- und Productionracer zu einer Sonderausstellung ein, darunter eine 350 ccm GP-Werksmaschine von Mike Hailwood, die 500 ccm GP-Werksmaschine von Phil Read, selbst Stefano Caracchi (Sohn des kürzlich verstorbenen NCR Gründers Rino Caracchi) reiste mit seiner Kobas TT F1 aus Bologna an, die nach drei Jahrzehnten endlich wieder neben der 1986er 750 ccm F1 Endurance von Caracchi’s Rennfahrerkollege Marco Lucchinelli stand, oder zwei NCR Werksmaschinen, die 1978 und 79 beim Langstreckenrennen im spanischen Montjuich fuhren.
Alle beteiligten Bernbeurer Vereine waren durchwegs glücklich über den Besucheransturm und den damit verbundenen Erlöse: feinste Fischburger des Fischervereins, leckere Renn-Würste der Fußballer, knusprige Pommes der Blasmusik und zuckersüße Torten des Bernbeurer Landfrauenbundes füllten deren Vereinskassen wieder gut auf und beglückten die Besucher. Die hervorragende Zusammenarbeit und mitreißende Begeisterung im ganzen Dorf war wie schon bei der Erstveranstaltung vor zwei Jahren der Garant dafür, dass sich Gäste aus aller Welt sehr wohl gefühlt und willkommen geheißen haben und so mancher Besucher gar ein wenig neidvoll auf das charmant funktionierende Dorfleben Bernbeurens blickte.
Glücklicherweise geschahen keine nennenswerten Unfälle, lediglich ein paar Ausrutscher ohne größere Folgen waren an den beiden Tagen zu verzeichnen. Das Konzept mit der Gleichmäßigkeitswertung, in der nicht der schnellste sondern der am gleichmäßigsten fahrende Teilnehmer gewinnt, mindert weder den Fahrspaß noch das Interesse der Fahrer an der Teilnahme mit ihren alten Schätzchen: mehr als 320 Anmeldungen trudelten im Vorfeld ein, doch lediglich 210 durften starten (wovon ein paar wenige wegen Krankheit oder technischen Problemen nicht kommen konnten). Dabei sein ist alles.
Am Sonntag nachmittag, nach dem dritten Wertungslauf, wurden die Sieger der sechs Wertungsklassen in der Auerberghalle gekürt. Gesamtsieger und somit Bergkönig 2019 wurde der aus Bruckmühl im Landkreis Rosenheim stammende Max Kuypers auf einer BMW R 75/5 mit nur 0,406 Sekunden Gesamt-Zeitdifferenz. Die Damenwertung ging an die Österreicherin Claudia Pögl mit einer Gesamt-Differenz von nur 1,431 Sekunden (die Gesamt-Differenz addiert sich aus zwei Laufdifferenzen zwischen Wertungslauf eins und zwei, sowie eins und drei). Des weiteren wurde der mit 84 Jahren älteste Fahrer Georg Sonnauer aus Garmisch auf einer BMW 800 RS mit einem Sonderpreis geehrt, sowie Toshiyuki Kozaka auf seiner Ducati 900 Königswelle für die weiteste Anreise von der japanischen Halbinsel Amakusa.
„Die Identifikation mit der Veranstaltung ging sogar soweit, dass wir niemals zuvor bei einer deutschen Motorsport-Veranstaltung so viele schön gekleidete Zuschauer gesehen haben. Das schafften bisher in dieser Ausprägung nicht einmal die etablierten und besonderen Events vom Schlage Schloss Dyck Classic Days“ – wie ein begeisterter Journalist im Nachgang bestätigte. Die Prämierung der Best-Dressed-Gewinner wurde auch diesmal wieder von der Bernbeurer Vintage-Lifestyle-Bloggerin Sandra Brand alias “RetroCat“ und der Berlinerin Irene Kotnik, Organisatorin des Frauen-Motorradfestivals „Petrolettes“ durchgeführt.
Alles in Allem war die 2. Auerberg Klassik ein voller Erfolg für sämtliche Beteiligten. Selbst erfahrene Historik-Motorsportler waren von der Veranstaltung und ihren Rahmenbedingungen schwer beeindruckt und so würde es uns sehr freuen, im Jahr 2021 zur dritten Ausgabe der Auerberg Klassik wieder ein außergewöhnliches Starterfeld und interessantes Rahmenprogramm zusammenstellen zu können!
Text: Hermann Köpf
Fotos: Sven Wedemeyer, Max Leitner, Martin Ratkovic, Tadashi Kono, Hermann Köpf
Video: Tom Vettermann
Weitere Fotos und Informationen sind unter www.auerberg-klassik.de zu finden!
No Comments