Alex Earle’s Flat Tracker Monster

Bereits mit seinem Prototypen eines Ducati Monster Flat Trackers hat der Autodesigner Alex Earle für mediale Furore gesorgt. Derzeit entwickelt er seine Kits weiter und testet sie am liebsten selbst auf den Straßen und Rennstrecken rund um Los Angeles.

Aufgewachsen ist er heute 48 jährige Motorradnarr in Utah und später in Denver, Colorado, wo er seine ersten direkten Begegnungen mit Ducatis hatte. Der Chef seiner ersten Arbeitsstätte als Städteplaner und Landschaftsarchitekt parkte nämlich seine 916 und 748S mitten ins Büro, so dass Earle jeden Tag um die Motorräder herum schleichen musste und sich wohl in die Silhouetten und Klänge dieser modernen Klassiker verliebte. Bei ein paar Probefahrten in den Bergen Colorados war es dann endgültig um ihn geschehen.

Zu dieser Zeit entdeckt er das ‘Arts Center’ im kalifornischen Pasadena, kratzt sogleich die Studiengebühren zusammen und lernt eine für ihn bisher unbekannte Welt kennen. Mit Kommilitonen wie Daniel Simon (Designer der Lotus C-01) oder Ola Stenegärd, als Designer bei BMW Motorrad umtriebig, taucht er in Design- und Entwicklungsprozesse der Auto- und Motorradindustrie ein und verlässt drei Jahre später mit Abschlussdiplom in der Tasche die Design-Kaderschmiede. Seit seinen ersten Design-Jobs bei Porsche und Volkswagen ist er bis heute als gefragter Designer in der Autoindustrie tätig. Bei VW kann er dann zum ersten mal auch in seinem Beruf Motorrad- mit Automotive-Design kombinieren, als er im Projektteam eines Dreirad-Showcars mitwirkt.

Im Jahr 2001 zeichnet er bereits erste Skizzen eines Flat Tracker-Umbaus seiner Ducati Monster M900, die er Jahre zuvor gekauft hat und als ‘Daily Ride’ fährt. Zu dieser Zeit lernt er in Los Angeles viele gleichgesinnte Designer und Motorradbauer kennen, woraus sich eine sehr gegenseitig befruchtende Verbindung, ja fast schon ein Wettbewerb ergibt, das coolste Projekt zum Laufen zu bringen. „Das Umfeld hier in L.A. ist unvergleichbar, neben der ganzen Kreativität der Designer gibt es so viele alt eingesessene top Werkstätten und Umbauer aus der Hot-Rod, Flat Track oder Renn-Szene, bei denen du alles bekommen oder umbauen lassen kannst. Das beflügelt ungemein und spornt dich an dein eigenes Projekt endlich umzusetzen“ schwärmt er.

So wie er es gelernt hat und tagtäglich im Job umsetzt, geht Earle logischerweise auch sein eigenes Projekt an. Zuerst baut er sich ein 1:5 Modell und lässt dies und seine bis auf das Gerippe auseinandergebaute Vergaser-Monster in einem 3D-Scanner vermessen. Aus den 3D-Daten des Scans konstruiert er anschließend im CAD-System ein Datenmodell, mit der auf einer 5-Achs-Fräsmaschine eine erste Form gefräst wird. Mit diesem Muster wiederum fertigt er im Anschluß eine Negativ-Form des späteren Monocoques an, woraus am Ende der extrem leichte und gut sitzende Carbon-Einteiler entsteht.

Neben dem Design einer ästhetisch gut proportionierten Tank-Sitz-Kombination mit aktiver Sitzposition war Earle’s Grundprinzip, so viel Gewicht wie möglich einzusparen. Die aus einem Aluminium-Block gefrästen 19“ Räder im Morris-Stil (allerdings mit 7 Speichen) von ‘Roland Sands Design’ aus dem benachbarten Los Alamitos sind neben der maßgeschneiderten Auspuffanlage und dem Aluminium-Tank wohl noch die schwersten Teile. Alles andere wird aus Carbon eigens angefertigt oder aus Aluminium dazu gekauft, wie z.B. Fußrastenanlage von Performance Parts, Supermoto-Lenker von Vortex, Motogadget Mini-Tacho. Ein kleiner LED-Scheinwerfer, der in die – natürlich auch aus Carbon geschnittene – Startnummerntafel integriert ist oder die LED-Rücklichterkette mit integrierten Blinkern runden das Konzept ab. „Nein, vorne wollte ich keine Blinker anbauen, denn hier in Kalifornien ist das nicht so wichtig“ meint Alex und fügt hinzu, dass er zwar schon ein mal von der Polizei angehalten wurde, aber mit dem Tipp ‘Blinker seien sicherer im Straßenverkehr’ wieder von Dannen ziehen durfte. Tja, so ist das in Ländern ohne E-Prüfzeichen-Doktrin. Mit nur 157 Kilogramm Leergewicht wiegt die Earle mit der Startnummer 23 knapp 50 kg weniger als im Originalzustand, was bei den 78 PS einen Heidenfahrspaß garantiert, versichert der sympathische Kerl.

„Ansonsten habe ich darauf geachtet, dass möglichst wenig Änderungen am Rahmen oder Fahrwerk der Monster notwenig sind, um meine Monocoques zu fahren“. Mit nur vier Schrauben kann der Aufbau in wenigen Minuten abgeschraubt werden und der bei den ersten zwei Umbauten noch separate Aluminium-Tank ist mit nur drei Schrauben am Rahmen befestigt. Bei den kommenden Monocoques will Earle dann den Alu-Tank bereits mit in die Carbon-Form integrieren, um nochmals Gewicht und Abschraubzeit einzusparen zu können.

Beim Besuch in seinem Junggesellen-Loft in Venice, dessen Küchenecke wegen Garagen-Mietvertragsende derzeit als Lager- und Schrauber-Eck dient, bringt er seinen Flat Tracker gerade wieder auf Vordermann. Das Wochenende zuvor war er nämlich bei Classic-Track-Days auf der gut eine Stunde entfernten Willow Springs-Rennstrecke gewesen, wo es ihm einen Stehbolzen des stehenden Zylinders abriss und er nun gerade alle Bolzen austauscht darf. Eine altbekannte und scheinbar internationale Schwachstelle der Monster- und SS-Motoren. Für den schnellen Rundkurs hat er extra die originalen 17“ Brembo-3-Speichen-Felgen mit Pirelli Diablos montiert. „Auf der Rennstrecke macht diese Reifengröße einfach mehr Sinn und außerdem ist es leichter, gute Straßenreifen zu finden, als in 19“ Größe.“ Da kann man ihm nur zustimmen. Auch wenn die 78 PS und die vergleichsweise aufrechte Sitzposition nicht besonders hochgeschwindigkeitstauglich sind, so fühlte er sich aber mit seinem Spaßmobil sehr wohl, denn „ich konnte viel freier fahren als neulich mit der Panigale, mit der du in jede Kurve verhalten reinfährst und versuchst ohne Kratzer wieder rauszukommen.“

Was als nächstes ansteht? „Ich bin gerade dabei den Monocoque zu optimieren, also den Tank gleich zu integrieren und baue derzeit schon eine weitere Monster auf“. Den ersten Prototypen hatte bereits nach kurzer Zeit ein Sammler gekauft, ebenso ist die zweite, die weisse Monster, ist bereits an einen Mann gebracht. Er würde natürlich gern viel mehr an seinen eigenen Kreationen arbeiten wollen, aber im Job ist er eben sehr eingespannt, sagt er. Aber wer weiß, vielleicht tüftelt er bereits an was Neuem, denn auf seinem Küchenschrank lag ein verdächtiger Tank. Und auf meine Frage, was das denn werden soll, wich er mit den Worten aus, „darüber kann ich noch nicht sprechen, du bist ja schließlich von der Presse.“ So ein Bazi, der gute Earle.

 

Als Basis dient eine Ducati 900 Monster, luftgekühlt, mit Vergasern

  • 157 kg Leergewicht, 84 cm Sitzhöhe
  • 18 l Tankkapazität
  • Carbon Nummernschild mit integrierter LED-Scheinwerfer
  • Vortex Fatty J Murphy Supermoto Lenker
  • Eigenbau Lenker-Erhöhungen
  • Carbon Gabel-Protektoren
  • Brembo Radial Brems- und Kupplungshebel
  • K&N Luftfilter
  • Eigenbau LED-Rücklicht mit integrierten Blinkern
  • Carbon Nummernschildhalter mit Beleuchtung
  • 19” Aluminium-Räder von Roland Sands Design
  • Maxxis DTR-1 Reifen
  • Ducati Performance Fußrastenanlage
  • Eigenbau Auspuffanlage
  • Carbon Batterie-Halterung, Radabdeckung hinten
  • Motogadget M-Unit und Mini-Tacho

Photos and Words by Hermann Köpf

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